§ 281a StGB Vortäuschen von Teilhaberechten für barrierefreies Leben

Es geht um den Missbrauch fremder Behindertenausweise. So berichtete schon die „Rheinische Post“ vor über 18 Jahren:

„Missbrauch mit Behinderten-Ausweisen: Frei parken über den Tod hinaus“ https://rp-online.de/panorama/frei-parken-ueber-den-tod-hinaus_aid-8299139

Spätestens seit dem

Beschluss des OLG Stuttgart vom 27.08.2013, Az. 2 Ss 349/13

„Wer einen Behindertenparkausweis, der für einen anderen ausgestellt ist, durch bloße Auslage im Fahrzeug unberechtigt verwendet, macht sich nicht wegen Missbrauchs von Ausweispapieren nach § 281 StGB schuldig.“
(OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. August 2013 – 2 Ss 349/13 –, juris)

gibt es eine Strafbarkeitslücke.

Parkt jemand mit einem fremden Behindertenausweis auf dem Behindertenparkplatz und täuscht so eine eigene Behinderung vor, droht ihm nach der aktuellen Rechtslage höchstens ein Bußgeld in Höhe von 35 €. Der dreist agierende Täter wird also genauso bestraft wie ein Autofahrer, der „nur“ unberechtigt auf dem Behindertenparkplatz parkt, aber dabei keine eigene Behinderung vortäuscht.

Ist es ein Kavaliersdelikt auf einem Behindertenparkplatz unberechtigt zu parken und dabei eine eigene Behinderung vorzutäuschen? Moralisch gewiss nicht, denn dies geht zu Lasten von Menschen, die wirklich behindert sind und deshalb auf einen rollstuhlgerechten Behindertenparkplatz angewiesen sind!

Hier könnte nun ein neuer Straftatbestand Abhilfe schaffen:

§ 281a StGB

Vortäuschen von Teilhaberechten für barrierefreies Leben

(1) Wer einen Schwerbehindertenausweis oder einen Parkausweis für Behinderte oder ein anderes Dokument für Behinderte, das für einen anderen ausgestellt ist, unberechtigt gebraucht, oder wer einen solchen Ausweis oder ein solches Dokument einem anderen wissentlich zur unberechtigten Nutzung überlässt, das nicht für diesen ausgestellt ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein unberechtigter Gebrauch oder eine unberechtigte Nutzung ist gegeben, wenn der Täter einen Ausweis oder ein Dokument, das in Absatz 1 genannt ist, gebraucht oder nutzt, obwohl er nicht im Auftrag der oder für die Person, für die der Ausweis oder das Dokument ausgestellt ist, zur Tatzeit handelt.

(3) Die Tat ist auch dann strafbar, wenn ein Ausweis oder Dokument für die Tat verwendet wird, der zum Tatzeitpunkt bereits ungültig ist.

(4) Eine Strafverfolgung nach dieser Vorschrift gegen die Person, für die zum Tatzeitpunkt der gültige Ausweis oder das gültige Dokument ausgestellt ist, ist ausgeschlossen. Andere Strafvorschriften bleiben hiervon unberührt.

(5) Verwendet der Täter, einen unechten Ausweis oder ein unechtes Dokument, das den in Absatz 1 genannten Ausweisen oder Dokumenten zum verwechseln ähnlich ist, wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit einem höheren Strafmaß verfolgt werden kann.

 

Entwurf vom 23.04.2018, Anatol Wiecki

Der Titel „Vortäuschen von Sonderrechten für barrierefreies Leben“ wurde in „Vortäuschen von Teilhaberechten für barrierefreies Leben“ abgeändert.

Mit den von der Norm umfassten Dokumenten (Schwerbehindertenausweis, Parkausweis für Behinderte etc.) soll Menschen, die aufgrund einer schweren Krankheit eingeschränkt sind, die Teilhabe am Alltag erleichtert werden. Dies sollte schon aus der Überschrift hervorgehen.

Weitere Informationen:

Deutscher Bundestag: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2018/_03/_01/Petition_77032.nc.html

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verantwortlich: Anatol Wiecki, 10001 Berlin

Diese Volksvertreter entscheiden darüber, ob der Missbrauch des Behindertenausweises weiterhin strafrechtlich nicht sanktioniert wird und Teilhaberechte so entwertet werden

Aktuell ist die Rechtslage so, dass jeder Täter / jede Täterin einen fremden Behindertenausweis oder einen fremden Parkausweis für Schwerbehinderte missbräuchlich für beliebige Zwecke missbrauchen kann, ohne dass dies strafrechtliche Folgen für die Person hätte. Eine Person, die unter missbräuchlicher Vorlage eines Parkausweises für Schwerbehinderte oder eines Behindertenausweises eine eigene Behinderung vortäuscht und damit Rechte in Anspruch nimmt, die eigentlich nur für behinderte Menschen gedacht sind, hat allenfalls ein Bußgeld zu befürchten. Wer unter Vorlage eines solchen Ausweises beispielsweise auf einem Behindertenparkplatz parkt, der muss maximal 35 Euro Bußgeld bezahlen. Wer „nur“ auf den Behindertenparkplatz unberechtigt parkt, ohne mittels missbräuchlicher Vorlage eines fremden Behindertenausweises eine Behinderung vorzutäuschen drohen ebenfalls 35 Euro.

Die Politesse wird in der Regel nur gegen den Autofahrer ein Bußgeldverfahren einleiten, der ohne einen Behindertenausweis auf dem Behindertenparkplatz parkt. Personen, die jedoch hohe kriminelle Energie aufbringen, indem sie missbräuchlich einen fremden Behindertenausweis auslegen und der Politesse damit eine Bevorrechtigung auf dem Behindertenparkplatz parken zu dürfen vortäuschen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit erst gar nicht von der Politesse erfasst werden, weil sie von einem rechtmäßigem Einsatz des Behindertenausweises ausgeht.

Autofahrer, die einen fremden Behindertenausweis missbrauchen, missbrauchen somit das Vertrauen der Politesse, des Polizisten, mithin der Gesellschaft. Dies kann bei der Sanktionierung nicht die gleiche Folge haben, als habe der Autofahrer „nur“ falsch geparkt.

Bis August 2013 wurde solch verwerfliches Verhalten auch strafrechtlich sanktioniert. Doch dann kippte das Oberlandesgericht Stuttgart (2 Ss 349/13) mit Beschluss vom 27.08.2013 diese strafrechtliche Praxis. Fortan besteht eine Strafbarkeitslücke, die es mit § 281a StGB zu schließen gilt.

Der Petitionsausschuss kann nun über die Petition zur Einführung eines § 281a StGB entscheiden. Folgende Abgeordnete des Deutschen Bundestags gehören dem Petitionsausschuss (nach Fraktion gelistet) als Ordentliche Mitglieder an:

Fraktion Christlich Demokratische Union Deutschlands / Christlich-Soziale Union in Bayern e. V.  (CDU/CSU-Fraktion)

Marc Biadacz, CDU/CSU, Sozialwissenschaftler (M.A.)

Marc Henrichmann, CDU/CSU, Rechtsanwalt

Jens Lehmann, CDU/CSU, Erzieher

Paul Lehrieder, CDU/CSU, Rechtsanwalt

Bernhard Loos, CDU/CSU, Wirtschafts- und Politikwissenschaftler

Andreas Mattfeldt, CDU/CSU, Industriekaufmann

Josef Oster, CDU/CSU, Diplom-Verwaltungswirt (FH)

Gero Storjohann, CDU/CSU, Diplom-Betriebswirt (FH)

Marian Wendt, CDU/CSU, Diplom-Verwaltungswirt

Fraktion Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Timon Gremmels, SPD, Diplom-Politologe

Ralf Kapschack, SPD, Journalist

Siemtje Möller, SPD, Lehrerin

Udo Schiefner, SPD

Stefan Schwartze, SPD, Industriemechaniker

Martina Stamm-Fibich, SPD, Marketing- und Kommunikationsmanagerin

Fraktion Alternative für Deutschland (AfD)

Martin Hebner, AfD, IT-Unternehmensberater

Johannes Huber, AfD, Diplom-Soziologe, Finanzbuchhalter

Detlev Spangenberg, AfD, Diplom-Betriebswirt

Wolfgang Wiehle, AfD, Diplom-Informatiker

Fraktion Freie Demokratische Partei (FDP)

Hartmut Ebbing, FDP, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Manfred Todtenhausen, FDP, Elektromeister

Gerald Ullrich, FDP, Ingenieur

Fraktion DIE LINKE (Linksfraktion)

Kerstin Kassner, Die Linke, Diplom-Ökonomin

Sören Pellmann, Die Linke, Grund- und Förderschullehrer

Kersten Steinke, Die Linke, Agraringenieurin

Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen

Beate Müller-Gemmeke, Bündnis 90/Die Grünen, Diplom-Sozialpädagogin (FH)

Corinna Rüffer, Bündnis 90/Die Grünen

Daniela Wagner, Bündnis 90/Die Grünen